Die Neuen

Wir schreiben das Jahr 35.000 v. Chr. und es taucht schon wieder ein anderer Geselle auf. Seine Heimat ist der nahe Osten, wo er bereits vor hundert Tausend Jahren lebte. Der Cro-Magnon- Mensch. So genannt, weil er in Cro-Magnon, einem Ort in der französischen Dordogne entdeckt wurde. - Immer diese Franzosen!

Es ist der Homo sapiens sapiens, der moderne Mensch. Er hat einen schönen, wohlgeformten Kopf und endlich ein Kinn, so, wie es sich für einen ordentlichen Menschen gehört. Ja, da staunen sie, die aus der Horde vom Neandertal. Er ist von einem anderen Holz geschnitzt, trägt elegante Felle am Leibe und schießt das Wild auf ganz moderne Art mit Pfeilen, die aus einem mit einer Sehne gespannten Holzstock davon schnellen. Damit ist es leichter Wild zu erjagen. Man braucht ihm nur zu folgen, stellt sein heimeliges Lederzelt in seiner Nähe auf und wartet, bis die Hirsche kommen.

Dieses Volk kann so allerhand, ja, sogar Lieder singen. Vielleicht solche oder ähnliche, wie sie noch heute von den Tschukschen hoch oben im Norden Russlands gesungen werden. Sie haben Musikinstrumente, allen voran die Trommel. Personen dieses Schlages werden es sein, die unserem Homo neandertalensis so nach und nach den Schneid abkaufen werden. Vielleicht sind sie für diese Welt besser geschaffen, als die „Anderen“, die vielleicht nur eine Spielart, eine Laune bei der Entwicklung des Menschen darstellen. Wer weiß das schon?

Eine Weile leben Neandertaler und Neuzeitmensch zusammen, einträchtig oder nicht, miteinander oder nebeneinander. In der Forschung gibt es da noch eine Menge zu erledigen. Erschlugen sie sich gegenseitig oder hatten sie gemeinsame Nachkommen?

homo neandertalensis sapiens sapiens ??? Letzteres wurde vor kurzem angezweifelt. Ein paar entzifferte Neandertaler-Gene sollten beweisen, dass zwar Sex zwischen ihnen möglich gewesen sei, aber keine Begattung. Nun, ja, als ob ein paar Aminosäurenketten das beweisen könnten. Dazu gehört wohl mehr. Und so ist es um die Zweifler auch recht still geworden. Erst recht, als kürzlich ein neunjähriger Bursche entdeckt wurde, viel mehr, das Skelett von ihm. Der scheint ein Mischling zu sein. Sozusagen ein Homo neandertalensis sapiens sapiens. Somit könnten wir den Tatsachen direkt ins Auge sehen und brauchten uns nicht zu grämen: Unser guter, alter, ein wenig plümplicher Neandertaler lebt in uns weiter. Und manchmal glaubt man ja auf der Straße einem zu begegnen. Nicht unbedingt wegen seines Aussehens, viel mehr wegen seiner Manieren, wenn der denn solche gehabt hätte, wie so manch anderer.
Sie verstehen...

Die vorläufig letzte großen Kälte beginnt. Nicht zu verwechseln mit dem Begriff der Kältezeit. Das ist ein wenig verwirrend. In einer Kältezeit ist es nur ein wenig kälter als zuvor. Inmitten einer Eiszeit dagegen, da ist es so richtig knochenkalt. Nichts wächst mehr. Und das, was dann in unseren Breiten so herunterfällt, ist Schnee. Schnee, nichts als Schnee. Und es hört nicht auf damit. Bald müsste er den höchsten Berg erreichen. Doch der enorme Druck verwandelt den Schnee zu Eis und verdichtet ihn. Schließlich presst er das Eis am Boden heraus. Es ebnet sich einen Weg und breitet sich dort aus, wo Platz ist. Wie das ein ordentlicher Gletscher eben so macht. Die beinahe kilometerdicke Eisschicht wälzt alles, was sich ihr in den Weg stellt davon. Zeugen aus dieser Zeit sind die vielen Findlinge, die uns nun überall vor den Füßen liegen.

Aber irgendwann ist auch mal die eisigste Eiszeit vorbei und damit verschwinden langsam aber sicher die großen Gletscher. Und in unserer Geschichte folgt so langsam aber sicher dem Paläolithikum das Neolithikum. Die Zeit des geschliffenen Steins beginnt. Von nun an werden die Aktivitäten unserer Vorfahren immer häufiger Spuren hinterlassen. Das letzte große Eis ist inzwischen getaut und unsere Gegend wird wohnlicher. Aus der eintönigen Steinwüste wird langsam und allmählich eine Tundra.

Unsere singenden Jäger und Sammler können es sich bis zur nächsten großen Kälte gemütlich machen. - Sollte man denken. Allein, der Ansturm wiederum aus dem nahen Osten wird ihnen einen Strich durch die Rechnung machen. Denn große Ereignisse werfen bereits jetzt ihre Schatten voraus...


Zum nächsten Kapitel:

Die erste Revolution der Menscheit
Die erste Bauernkultur Europas.
Ihr Untergang.